Caroline Doka
Ganz ehrlich. Bei meinem ersten Downhill hatte ich furchtbar Schiss. Ich war gerade mal fünf Jahre alt, und das Velo hatte drei Räder. Nie hätte ich gedacht, dass Biken irgendwann zu meinem Beruf gehören und zur Passion werden würde. Ich wollte zur See fahren, bei Wind und Wetter das Kap Hoorn umsegeln. Doch aus mir wurde eine Journalistin, und den Abenteuerdrang lebte ich im Outdoorsport aus. Rennradfahren, biken und laufen – möglichst weit, möglichst bergauf oder irgendwo in exotischen Ländern. So landete ich bald beim Reisejournalismus, und bis ich meine erste Tour leitete, war es nur noch ein kleiner Schritt.
Mein Papa, damals Bike Adventure Tours-Reiseleiter für Seniorentouren in Jordanien und im Sinai – das gab es! –, brachte mich als Journalistin auf die Sinai-Reise von BAT, als Küken unter lauter 50+-Gästen. Durch die Wüste biken, unter Sternen schlafen, auf dem Mosesberg, dem Himmel ganz nah – bald spielte das Alter keine Rolle mehr, wir gehörten alle zusammen. Ich schriebe meine Reportage und wusste, ich möchte mit Menschen unterwegs sein und Reisen leiten.
Der Sinai wurde aus dem BAT-Programm genommen, ich leitete Cuba Clasico, die Mongolei, siehe auch meine Reportage “Mongolei Land der weiten Steppen” und 2016 – mehr zufällig – Uganda/Ruanda. Es war Regenzeit, wir schoben die Bikes durch knöcheltiefen Match, weil fahren nicht mehr ging, aber ich war völlig verzaubert: diese Landschaft, diese Menschen! Afrika war in mein Herz gefallen. Ich leitete die nächste Reise und dann die nächste. Aber ich wollte mehr sehen von diesen Ländern im tiefen Afrika. Und so machte ich mich auf zu den Quellen des Nils in den Bergregenwäldern Ruandas, bestieg den brodelnden Vulkan Nyiragongo in der Demokratischen Republik Kongo und ganz in der Nähe in den geheimnisvollen Mondbergen Peak Margerita, den dritthöchsten Berg Afrikas mit seiner Kuppe aus ewigem Eis und Schnee. Überwältigend schön.
Am meisten jedoch berühren mich die Menschen und ihre Geschichten. Das Erlebte teile ich leidenschaftlich gerne in meinen Reportagen mit meinen Lesern und auf Reisen mit meinen Gästen. Manche teile ich nur mit meinen Gästen. Etwa jene des Mannes, der mir zeigte, wie er mit blossen Händen einen Löwen erledigte und damit sein Dorf von der menschenfressenden Bestie befreite. Mit Schaudern blicken wir auf der Uganda-Reise hinüber zum Dorf, wo der Löwe 18 Menschen frass. Gut möglich, dass wir den mutigen Mann besuchen. Ab und zu lerne ich andere BAT-Reisen kennen und schreibe Reportagen, etwa über das neue Bikeabenteuer in der zauberhaften Wildnis Mazedoniens oder über das traumhafte Inselhüpfen Bike & Boot in Südthailand.
Trotz des Reisens findet ein grosser Teil meiner beruflichen Tätigkeiten ohne Zweirad statt. In meinen Mandaten im Bereich psychische Gesundheit braucht es zwar ein gutes Räderwerk aber kein Bike. Trotzdem sitze ich so oft wie möglich auf dem Bike. Ich strample noch immer fürs Leben gerne bergauf, doch genauso beglückt mich inzwischen der Downhill. Furchtbar Schiss habe ich zum Glück nur noch selten.