Velo Abenteuer Bulgarien2023-09-07T20:14:27+02:00
  • Rad-Kulturreise Bulgarien - antike Brücke

Velo Abenteuer Bulgarien

Rad-Kultur Reise von Sofia ans Schwarze Meer

Bulgarien bietet weit mehr als nur Strandferien am Schwarzen Meer. In den mächtigen Gebirgszügen Rila, Pirin und Rhodopi mit fast 3000 Metern hohen Bergen finden wir lauschige Föhrenwälder, tiefe Schluchten, Wasserfälle, Felsbrücken, versteckte Tropfsteinhöhlen und in höheren Lagen sogar Skigebiete mit traumhaften Wegen und Naturstrassen für Radfahrer.

1. Tag: Kulturhauptstadt Sofia

FR, 22.7.2016: Frühmorgens um 07:40 fliegen wir über Wien, wo wir umsteigen, nach Sofia. Dort beginnt unsere Bikereise durch Bulgarien. Wir werden von Kiril Levterov und Kiril Petrov empfangen und vom Busfahrer Vesto ins Zentrum der bulgarischen Hauptstadt gefahren. Nach dem Einchecken im Hotel brechen wir zur ersten Stadttour auf. Kiril, unser deutschsprachiger lokaler Reiseführer, scheint ganze Geschichtsbücher auswendig zu kennen und führt uns kompetent durch Sofias sehenswürdige Stadtteile. Wir erfahren, dass Kyrill und Method, zwei griechische Mönche, die kyrillischen Schriftzeichen erfunden und verbreitet hatten, denen in Sofia ein Denkmal gesetzt wurde.

Wir bewundern das Denkmal Alexander Nevski’s von allen Seiten, besuchen die älteste Kirche in Sofia und können die Wachablösung vor dem Präsidentenpalast erleben. Mit Stechschritten und Drehungen im rechten Winkel lösen stündlich sechs frische Wächter die beiden Türsteher und weitere vier Kollegen innerhalb des Hauses ab, welche im selben Schrittmuster anschliessend durch das Tor verschwinden. In der Nähe des Präsidentenpalasts finden wir das älteste orthodoxe Kirchlein, ein paar Schritte weiter die Moschee und nicht weit davon entfernt die bekannte Alexander-Nevski-Kathedrale mit ihren goldenen Kuppeln. Auch eine Synagoge und eine russisch-orthodoxe Kirche suchen wir auf.

Auf den Strassen sind die Leute schick gekleidet und nur selten trifft man auf die ursprüngliche Tracht… Im grossen Park entdecken wir mehrere Wasserspiele, das Theater und einen Bücher-Tausch-Turm. Viele Einheimische tummeln sich im Park, einige spielen Schach (gegen Geld :-)), andere Musik. Müde und beeindruckt kehren wir am Abend auf dem Heimweg ins Hotel in ein gemütliches, traditionelles Restaurant ein und schlemmen Schopska-Salat und danach unsere erste bulgarische Fleischplatte.

Wachablösung beim Präsidentenpalast
Wachablösung beim Präsidentenpalast

2. Tag: Das weltberühmte Rila-Kloster

SA, 23.7.2016: Heute fahren wir über zwei Stunden über Autobahn und Hauptstrassen ins Rila-Gebirge hoch zum Rila-Kloster. Die typischen Wandmalereien zeigen, auf beeindruckende Weise, fast die ganze Bibelgeschichte!

Eine willkommene Stärkung im nahegelegenen Gasthaus macht uns fit für die erste Abfahrt durch die Felder und Wälder des Rila-Gebirges bis nach Bansko. Kurz vor diesem Ski-Ort treffen wir auf eine alte Militär-Schiessanlage, deren Zielhang nun zu einem Golfplatz umfunktioniert worden ist. Von weitem können wir die Skipisten- Schneisen in den Wäldern der umliegenden Berge erkennen. In den Wintermonaten muss hier so einiges los sein! In Bansko entdecken wir eine öffentliche “Waschmaschine”, wo gerade Teppiche gewaschen werden. Das System beeindruckt!

Das grosse Dorf entpuppt sich auch sommers als Touristenattraktion. Viele Leute flanieren durch die Strassen, sitzen in Kaffees oder nach dem Eindunkeln im Open-Air-Kino.
Wir spazieren durch den alten Dorfkern. Kiril zeigt uns die Anzeigen an den Toren und Türen, welche an die Verstorbenen erinnern. Wiederum erhalten wir ein traditionelles Essen, Schopska und riesige Fleischplatten. Eine Gipsy-Musik zieht eine lustige Show ab, bei der die Klarinette immer mehr zerlegt wird und doch noch tönt. Kiril muss danach Ohrensausen gehabt haben…

Rila Kloster
Rila Kloster

3. Tag: Bansko und Pirin-Gebirge

SO, 24.7.2016: Ein kurzer Bustransfer auf die Höhe erlaubt uns danach puren Bike-Genuss auf den Wegen im Pirin-Gebirge. Durch landwirtschaftlich genutzte Gegenden radelnd, treffen wir auf eine Holzfäller-Familie, welche Jan mit einer Töff-Fahrt und Irina mit einem Duett von Mutter und Tochter begeistert! Welch liebenswürdige, fröhliche Menschen! Etwas weiter sehen wir teilweise geerntete Tabakfelder und stossen bald auf Plastiktunnels, unter denen die Tabak-Blätter, auf Schnüre gefädelt und zum Trocknen, aufgehängt werden. Auch hier kommen wir dank unserem Guide Kiril ins Gespräch mit den Einheimischen.

4. Tag: Im Herzen des Rhodopi-Gebirges

MO, 25.7.2016: An diesem Morgen bringt uns der Bus hoch hinauf in die Rhodopen. Zuerst lange auf holperigem Asphalt, nach einem Zwischenstopp im letzten Dorf am Ende der Strasse noch einmal so lange auf löcheriger Naturstrasse. Zum Glück müssen wir das nicht auf dem Bike oder E-Bike erklimmen! Durch Wälder und über Felder gelangen wir, kurz vor dem Mittag, an einen kleinen Bach, wo wir uns von der langen, holperigen Bike-Abfahrt ausruhen. Vor dem Essen besuchen wir mitten in einer sumpfigen Wiese einen eigenartigen grossen Stein, dem eine Bedeutung für die Muslime nachgesagt wird.

Unterwegs fahren wir auf einer holperigen Strasse am Dospat-Stausee entlang und finden endlich einen Platz zum hinein springen und abkühlen. Am Abend erreichen wir müde und voller Eindrücke Dospat nahe der türkischen Grenze. Zu sozialistischer Zeit durfte man dort nur mit besonderer Bewilligung hinreisen.

5. Tag: Yagodina und Tropfsteinhöhle

DI, 26.7.2016: Heute beginnt der abenteuerlichste Tag gleich auf dem Bike. Wir fahren durch Wälder und über Wiesen, bis wir fast die griechische Grenze erreichen. Nach einer herrlichen Abfahrt durch die traumhafte Landschaft, stärken wir uns in einem kleinen Dorf. Danach rollen wir gemütlich hinunter und durch die Yagodina-Schlucht, bis zum Eingang der gleichnamigen Tropfsteinhöhle. Wir ziehen uns warm an, damit wir während der einstündigen Wanderung durch die Höhle, bei erfrischenden 8 Grad, nicht verkühlen. Am Talausgang erwartet uns nach kurzer Bikefahrt der Bus für den Transport hoch ins Gasthaus Silivriak, nach Trigrad. Die drei Berger-Brothers, sowie Christoph und Urs wagen die 15 km Aufstieg per Bike und sind auch bald am Ziel.

Nostalgische Brücken
Nostalgische Brücken

6. Tag: Devin – Kurort mit Heilbädern

MI, 27.7.2016: Heute folgen wir einem überaus lieblichen Tal. Wir erreichen herrlich weiche Bergwiesen, von denen wir grandiose Aussicht über die bewaldeten Rhodopen haben. Nach einer langen Abfahrt, erreichen wir erneut Trigrad und fahren nach dem Mittagessen weiter, zum winzigen Bärenmuseum (geführt vom Besitzer des Gasthauses Silivriak, wo wir übernachten), danach zum “Teufelsschlund”, einer riesigen Höhle mit Wasserfall. Von dort fahren wir nach Devin in ein Thermalbad. Kurz vor Feierabend, tauchen wir ins 30 Grad warme Wasser und fühlen uns nachher herrlich erfrischt. Trotzdem sind wir froh, dass uns der Bus wieder zurück nach Trigrad fährt.

7. Tag: Skigebiet von Pamporovo

DO, 28.7.2016: Wir verlassen Trigrad mit dem Bike in Richtung Jagodina und bleiben auf derselben Höhe. Nach einem Kaffee rollen wir gemütlich ins Tal, wo uns der Bus nach Paporovo abholen will. Unterwegs entdecken wir eine uralte, verlassen scheinende Mine. Beim Gang durch das, von rostigen Teilen verzierte Gelände, werden wir jedoch barsch weggewiesen. Es stellt sich heraus, dass hier noch täglich 90 Mineure aus mehreren Kilometern unterirdischen Gängen Blei- und Zinkhaltiges Erz schürfen! Beim Stöbern in den Abfallsteinen, bringt uns ein junger Mineur mehrere schöne Quarzsteine – er freut sich sehr über unseren Besuch!

Vor dem Mittagessen machen wir aber einen interessanten Abstecher nach Shiroka Laka. Dort besuchen wir einen Dudelsack-Hersteller und -lehrer. Er zeigt uns, wie dieser produziert wird und lässt uns die schwermütigen Dudelsackklänge hören. In Pamporovo liegt im Sommer alles still. Wir picknicken in einer Waldhütte und holpern anschliessend einen knackigen Waldweg kurz hinunter, danach schweisstreibend und stetig hinauf bis zur Passhöhe. Erholen können wir uns auf der langen Asphaltstrecke bis kurz vor dem Batschkowo Kloster. Nach dessen Besichtigung bringt uns der Bus zurück in die Zivilisation, ins Grand Hotel nach Plovdiv. Was für Gegensätze!

Amphitheater in Plovdiv
Amphitheater in Plovdiv

8. Tag: Amphitheater und kulturelle Highlights

FR, 29.7.2016: Der nächtliche Spaziergang durch die Fussgängerzone Plovdivs am Abend zuvor zeugte von einer pulsierenden, modernen Stadt. Dass sie eine lange Geschichte bereits seit den Römern vorweisen kann, erfuhren wir bei unserem Rundgang am Morgen. Vom Taksim Tepe, einem der fünf Stadthügel, konnte man die Dimensionen erahnen. Die wichtigsten Tepes haben wir bestiegen und viel über Plovdivs Geschichte erfahren, das zu Römerzeit Tri Montum geheissen hatte.

Trotzdem, dass es heute Freitag ist, wagen wir die Besichtigung der Moschee. Wir ziehen die Schuhe aus und wir Frauen müssen uns in einen Mantel mit Schärpenkapuze
hüllen. Es gibt keine Stühle, wie in den orthodoxen Kirchen, aber einen weichen Teppich. Die Bemalung ist viel schlichter als in den Kirchen, es gibt keine Ungeheuer, Figuren oder Tiere, nur Ornamente. Nach einem erfrischenden Eis, steigen wir in den Bus, für die lange Fahrt nach Sozopol. Unterwegs werden wir mit Sandwiches und Getränken versorgt und machen nur eine kurze Fahrer-Pause an einer Raststätte mit WIFI.

Die grossen Dimensionen und Unterschiede Bulgariens werden schliesslich im Touristenort Sozopol an der Goldküste des Schwarzen Meers überdeutlich: kilometerlange Verkaufsbuden-Strassen, tausende von Feriengästen treffen auf historische Stätten am Meer. Nach einem langen Spaziergang durch den pulsierenden Ort im Stil von Mallorcas Ballermann gelangen wir in ein rustikales Restaurant, wo Livemusik und Tänzer so richtig einheizen!

9. Tag: Küste über Nessebar nach Varna

SA, 30.7.2016: Unser Busfahrer Vesto bringt uns zum attraktiven Touristenort Nessebar, von wo aus man die Schwarzmeer-Goldküste gut sehen kann. Einst standen in diesem Ort 40 gestiftete Kirchen! Wir besuchen einige davon und bewundern die holzverkleideten typischen Wiedergeburtshäuser der Gegend. Zum Glück plant unser Reiseleiter Kiril heute wegen der Hitze nur die Hälfte der programmierten Kilometer. Durch Wälder voller kleiner Fliegen, auf sandigen Wegen und entlang eines Strands, pedalen wir noch einmal. Ein kurzes Bad im warmen, klaren Schwarzen Meer erfrischt uns unterwegs. Bei der Mündung des Kamtschija, pickt uns der Bus wieder auf, für die Fahrt in die Grossstadt Varna. Etwas wehmütig schlendern wir durch die riesige Parkanlage dem Meer entgegen. Auch in dieser Stadt finden wir ein reges Nachtleben mit allem, was man sich wünschen kann. Zur grossen Überraschung führt uns Kiril zu einem Piratenschiff am Strand, welches zu einem Restaurant umfunktioniert worden ist, wo wir unsere letzte gemeinsame Mahlzeit geniessen und auf eine erlebnisreiche, unfallfreie und beglückende Woche in Bulgarien anstossen.

9. Tag: Rückflug ab Varna

SO, 31.7.2016: Die Parkanlagen Varnas laden zum ausgiebigen letzten Morgenspaziergang, vor dem Abflug zurück in die Schweiz, ein. Was für ein vielseitiges Land Bulgarien doch ist!

Kiril Levterov gelingt es mit seiner feinfühligen Art, jederzeit Einheimische zu motivieren, uns von ihrem Leben zu erzählen. Er hat die Reiseroute schlau gewählt, uns Gäste aus unserer Welt abgeholt und in seine entführt, und uns am Schluss wieder zurück in die moderne Zivilisation begleitet. Ein grosses blagodarjà, Kiril!

Vesto, unser Busfahrer, meistert jedes Strassenverhältnis. Er führt uns sicher durch das ganze Land, über alle Pässe und durch jede Schlucht. Nie mussten wir auf ihn warten. Leider konnten wir nur selten mit ihm plaudern, da wir seine Sprache nicht beherrschen und er weder Englisch noch Deutsch spricht.

Kiril Petrov zog uns mit seinem grossen Wissen in den Bann. Er führt uns geschickt durch Bulgariens Geschichte und kennt die Bedürfnisse und Ansprüche von uns Westlern, auf die er jedoch nicht immer eingehen will. So lernen wir viel Neues und werden reich belohnt. Und in der Badehose mit dem schwarzen Helm und Sonnenbrille bleibt er unser “Superman”!

Reisebericht-Autorin: Reiseteilnehmerin Irina Stork Zimmer

Infos zum Reisebericht

Geschrieben von: Irina Stork Zimmer

Reisejahr: 2016

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Bildbeschreibung

Bulgarien – Von Sofia ans Schwarze Meer