Reiseleiter Karl Günthard mit dem Bike in Mauritius
Land und Leute in Mauritius
Bike Adventure Tours Reiseleiter Karl Günthard radelt mit seiner Tochter auf der Insel Mauritius. Er erläutert den englischen Kolonialismus, eine lustige Anekdote mit einem Hund und der Polizei und ist zu Besuch bei Rechad, einem muslimischen Mauritianer.
Von Madagaskar nach Mauritius
Da uns die Insel Madagaskar wie kaum ein anderes Land begeisterte, war es nach etwa 4000 dort geradelten Kilometern eine Frage der Zeit, bis wir uns die Insel Mauritius zum Radeln aussuchten. Anstelle meiner Frau war dieses Mal meine Tochter Christa meine Begleiterin.
Die Entwicklung der beiden Inseln hätte nicht unterschiedlicher verlaufen können, obwohl sie nur 800 Kilometer auseinanderliegen. Madagaskar wurde mehrheitlich durch die Franzosen kolonialisiert, Mauritius hingegen von den Holländern und den Engländern.
Englischer Kolonialismus
Die Engländer bepflanzten beinahe die ganze Insel mit Zuckerrohr, während dem einige kleinere Teeplantagen verhinderten, dass die Engländer auf den «Five o’clock Tea» verzichten mussten. Zur Bewirtschaftung der riesigen Zuckerrohrplantagen wurden, nachdem die afrikanischen Sklaven mindestens auf dem Papier in die Freiheit entlassen wurden, indische «Kulis» auf die Insel verfrachtet. Dies ist auch der Grund, wieso viele Mauritianer Hindus sind und ich mich auf den Strassen in Indien wähnte, da die indisch stämmigen Chauffeure den selben Fahrstil pflegten, Bleifuss, wie im ehemaligen Heimatland.
Heiliger Kratersee der Hindus
Damit die Hindus ihre zwingenden Pilgerreisen nicht nach Indien unternehmen mussten, ist bei einem Überflug von Lord Shiva, einem ihrer Hauptgötter, etwas heiliges Gangeswasser verschüttet worden und zum Glück gleich in einen Kratersee gefallen. Seit diesem Zeitpunkt strömen tausende von mauritianischen Hindus an diesen See, notabene alle am selben Wochenende, und waschen sich an dessen «Gats» die Sünden ab.
Obwohl die Sklaverei schon lange abgeschafft ist, werden die Zuckerrohrfelder nach wie vor von den gleichen schwarzen Menschen, auf dieselbe mühselige Art bewirtschaftet wie damals. Bevor geerntet wird, werden die Felder angezündet, damit sich die Arbeiter und Arbeiterinnen an den scharfen Stoppeln nicht die Hände verletzen. Das Zuckerrohr selbst nimmt dadurch keinen Schaden.
Unterwegs mit dem Fahrrad
Während zwei Monaten durchfuhren wir mit den Bikes die relativ kleine Insel Mauritius auf unterschiedlichen Wegen, darauf bedacht, die touristischen Hochburgen in Meeresnähe zu meiden. Während in Madagaskar, wenn überhaupt, der Rucksacktourist anzutreffen ist, hat Mauritius sich auf den Luxus nicht abgeneigten Individualtouristen spezialisiert.
Abenteuer mit dem Hund und der Polizei
Die örtliche Polizei durfte ich als wirklichen Helfer in der Not kennenlernen. Eines Abends war ich alleine bei stockdunkler Nacht mit dem Velo unterwegs. Im Nachbardorf wollte ich mir ihre phantastische Musik anhören und hoffte, dass dazu auch Sega getanzt würde, eine Augenweide. Doch die Hunde, welche am Tag eher harmlos aussehen und träge am Schatten liegen, scheinen dadurch gestärkt in Angriff nehmen zu können. Auf alle Fälle hörte ich plötzlich, ohne ihn oder auch sonst irgendetwas zu sehen, bellend und zähnefletschend, dies stellte ich mir mindestens vor, laut hechelnd näherkommen. Den Mond in der Ferne als Richtpunkt fixierend, radelte ich wie wild auf Teufel komm raus darauf zu und konnte Gott oder Shiva sei Dank, den Hund abhängen.
Nach Atem ringend hielt kurze Zeit später das einzige Auto, und wie sich schnell herausstellte, die Polizei, neben mir an. Ich überlegte schon, wieviel wohl fahren bei Nacht ohne Licht und erst noch als Tourist in Mauritius kostet, was sie aber nicht im Geringsten störte. Als ich ihnen mein Problem mit dem Hund erzählte anerboten sie sich, mich mitsamt Velo, im vergitterten Gefängniswagen wie ich inzwischen feststellte mitzunehmen. Wir fixierten dann auch gleich die Rückfahrzeit und für den nächsten Tag liessen sie mich wissen, dass ich für den Ausgang das Fahrrad im Hotel lassen könne!
Einladung bei Rechad
Nebst vielen Hindus lebt auch eine grosse Anzahl Moslems, unter anderem Rechad, ein ganz toller Kerl, auf Mauritius. Eine Einladung bei ihm zu Hause nahm ich natürlich gerne an. Etwas überrascht war ich schon, als seine Frau sich ganz ohne Kopftuch präsentierte. Auf meine Frage, wieso er von seiner Frau nicht verlange, wie üblich ein Kopftuch zu tragen, gab er mir zur Antwort, dass im Gegenzug seine Frau von ihm verlangen würde, einen Bart zu tragen und die übliche Kopfbedeckung des Moslems. Da er aber selbst sehr eitel ist, besteht er aus naheliegenden Gründen nicht darauf, dass seine Frau sich verschleiert. Beim Ramadan kennt er dafür kein Pardon und hält die Fastenzeit ohne Abweichungen strikte ein.
Live-Musik und Tanzen
Am Abend war, wie bereits erwähnt, das Ziel, irgendwo Live-Musik zu hören und Sega zu tanzen. Wenn ich dabei meiner Tochter zuschaute, frage ich mich, wo bei mir die nötigen Gene abgeblieben sind. Doch zum Glück sind dafür beim Walzer einige erstarrte Rückenwirbel kein Hinderungsgrund ihn formvollendet zu tanzen.
Mit besten Dank für die Reiseanekdoten an Karl Günthard.
Reisebericht-Autor: Reiseleiter Karl Günthard